Maßnehmen an Josef: Kraft der Verwandlung
Fastenzeit 2021
Mit dem Apostolischen Schreiben „Patris corde“ (= Väterliches Herz) hat Papst Franziskus vom 8. Dezember 2020 bis zum 8. Dezember 2021 ein Jahr des Heiligen Josef ausgerufen. In dieser Fastenzeit und damit im Umfeld des Gedenktags des Heiligen Josefs am 19. März möchte ich mit diesen Beiträgen im Anschluss an den Fastenhirtenbrief von Bischof Josef Marketz einige Anstöße zu einer Auseinandersetzung mit diesem Heiligen geben.
Vatersein
Was ist Ihre erste Assoziation zum Heiligen Josef? Mir fallen zuerst Bräutigam Marias, Zimmermann und dann Nährvater von Jesus ein. In seinem Schreiben „Patris corde“ stellt Papst Franziskus eine „Eigenschaft“ des Josef über alle anderen: Josef ist für den Papst zuerst Vater. Wenn er nun Josef ein ganzes Themenjahr widmet, möchte er unsere Aufmerksamkeit auch auf das Vatersein und auf das Väterliche lenken. Was bedeutet dies aber in einer Zeit, die immer noch unter dem Fehlen der Väter leidet, gegen das Patriarchale in Familien, Gesellschaft und besonders auch der Kirche auftritt und Gott aus der Geschlechterzuschreibung des Vaters befreien möchte? Ist so ein Herausstellen des Vaterseins nicht zumindest „retro“, wenn nicht gar problematisch? Das war zumindest meine Vorannahme als ich dieses Apostolische Schreiben von Papst Franziskus das erste Mal in die Hand genommen habe. Anderseits, so dachte ich mir damals, bin auch ich der Sohn eines Vaters und selbst Vater von drei Kindern. Dieses Thema werde ich, werden wir als Gesellschaft und in der Kirche nicht los. Da ist es vielleicht gar keine schlechte Idee, es an einer Gestalt durchzubuchstabieren, die beim ersten Hinsehen nicht unbedingt typische väterliche oder besser männliche Züge aufweist: Josef wird nicht zum Vater durch die Zeugung eines Kindes, er drängt sich nicht in den Vordergrund und besticht nicht durch große Reden.
Väterliches Herz
Mit diesen Worten beginnt Papst Franziskus sein Schreiben und gibt damit die Richtung seiner weiteren Überlegungen an. In einem kurzen Vorwort begründet er diesen Josefs-Schwerpunkt mit dem 150. Jahrestag seiner Erhebung zum Patron der katholischen Kirche am 8. Dezember 1870 und dem großen Einsatz von Ärzten, Krankenschwestern, Pflegern, Supermarktangestellten, Reinigungskräften, Betreuungskräften und Seelsorger/innen während der Corona-Pandemie. Der Heilige Josef, so der Papst, erinnert uns daran, dass jene, die im Verborgenen wirken „in der Heilsgeschichte eine unvergleichliche Hauptrolle spielen.“ Die besonderen Qualitäten des Heiligen Josefs entfaltet der Papst in sieben Abschnitten und stellt dabei auch Querverbindungen zur aktuellen gesellschaftlichen und kirchlichen Situation her.
Geliebter Vater
Das erste Kapitel dieses Schreibens trägt den Titel „Geliebter Vater“. Als Begründung für diese Zuschreibung zitiert Papst Franziskus aus einer Predigt von Papst Paul VI., der die besondere Vaterschaft von Josef wie folgt ausweist:
Josef hat sein Leben ganz zu einem Dienst am „Geheimnis der Menschwerdung und an den damit verbundenen Erlösungsauftrag gemacht.“
Er hat, so Papst Paul VI. weiter, seine ihm zustehende Autorität über die Familie dazu benützt, um sein Leben und seine Arbeit ganz der Familie zu widmen. Dadurch hat er „seine menschliche Berufung zur Liebe“ in die Hingabe seines Herzens und aller Fähigkeiten verwandelt, um der Menschwerdung des Messias Raum zu geben. Dadurch, so Papst Franziskus, wurde Josef zu einem Vater, der von Christen von jeher geliebt wurde. Aber, so frage ich mich, erfährt so ein Vater-Bild, heute in Mitteleuropa noch Resonanz? Melden sich hier nicht, zumindest bei mir ist dies der Fall, Einwände, wie: Dieses Vaterbild ist doch stark von patriarchalen Mustern durchzogen. Und: Vatersein kann nicht zur Selbstaufgabe führen! Ich möchte diesen Gedanken jedoch nicht einfach irritiert zur Seite legen, sondern um ein (tieferes) Verständnis ringen. Ein Schlüssel könnte dabei das Wort „verwandeln“ sein.
Bereit zur Verwandlung
Vatersein in der Spur des Heiligen Josefs bedeutet nicht Vorgaben machen und Autorität ausüben. Vatersein in der Spur des Heiligen Josefs bedeutet vielmehr der inneren Stimme trauen und folgen, selbst dann, wenn Konventionen, öffentliche Meinung und eigene Festlegungen dem widersprechen. Wenn sich Vatersein, wenn sich Menschsein, so versteht, dann führen zwischenmenschliche Begegnungen in und außerhalb der Familie nicht zu einem (gewaltsamen) Aufzwingen eigener Vorstellungen oder zu einer Selbstaufgabe, um den Kontakt zum anderen nicht zu verlieren. Vielmehr führen Beziehungen dann zu Veränderungen und Verwandlungen. Diese sind zwar nicht immer angenehm, ermöglichen aber menschliche Entwicklung und Reifung. Darin kann, so meine ich, Josef bis heute ein Vorbild sein.
Impuls zum Weitergehen
In meinem Leben gibt es einige so „väterliche“ Menschen. Sie haben mir Vertrauen entgegen gebracht, mich so angenommen wie ich bin und sich auf mich eingelassen. So konnte auch ich ihnen vertrauen, mich öffnen und dabei erfahren, wer ich bin und wie ich mich weiter entfalten und verwandeln könnte. Manche dieser Entwicklungsschritte fühlten sich gut an, andere führten zu (inneren) Konflikten und nicht wenige erschlossen sich mir erst im „Rückspiegel“. Gerade in dieser Corona-Zeit, in der Begegnungen oftmals eingeschränkt sind, denke ich immer wieder dankbar an diese Menschen, die dazu beigetragen haben, dass auch ich ein Stück weit zu einem „väterlichen“ Menschen werden konnte.
Wenn es in Ihrem Leben auch solche Menschen gibt, dann können Sie mit ihnen in dieser Woche telefonisch Kontakt aufnehmen oder sie zu einem Spaziergang einladen. Teilen Sie ihnen mit, was Sie ihnen verdanken. Sollten diese Personen bereits verstorben sein, so schreiben Sie Ihren Dank in einem Brief nieder oder besuchen Sie, wenn dies möglich ist, das Grab oder einen Ort, der Sie besonders an diese Person erinnert.