Organisation

Institut für kirchliche Ämter und Dienste

50 Jahre gesendete pastorale Berufe

Pastoralassistent:innen feiern Jubiläum

Sendungsfeier am 2.12.2022 in der Christkönigskirche in Klagenfurt (G. Haab)
Sendungsfeier am 2.12.2022 in der Christkönigskirche in Klagenfurt (G. Haab)

Im Jahr 1974 hat die Österreichische Bischofskonferenz beschlossen, dass Frauen und Männer, die hauptamtlich in der Pfarrpastoral eingesetzt werden und gemeinsam mit Priestern Pfarrgemeinden gestalten, als Pastoralassistent:innen zu bezeichnen sind. Aus diesem Grund feiert die Katholische Kirche Österreich am 14. September 2024 in Salzburg das Fest „50 Jahre gesendete pastorale Berufe“. Mittlerweile bringen sich Pastoralassistent:innen unter anderem auch in der diözesanen Kinder- und Jugendpastoral, der Krankenhausseelsorge und Seniorenpastoral, im Kirchenbeitrag und in diversen Referaten des Bischöflichen Seelsorgeamtes ein. Der Ursprung dieses Berufes reicht in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. Ausgehend von den Anfängen möchte ich erschließen, wie sich dieser Beruf entwickelt hat, was ihn auszeichnet und wie er auch in Zukunft das Leben unserer Diözese prägen kann.

Aufbruch der Kirche

Die theologischen Grundlagen für diesen Beruf finden sich in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts und sind untrennbar mit dem Religionsphilosophen und Theologen Romano Guardini verbunden. Für Guardini ist die Kirche nicht zuerst eine Institution, die dem Menschen vorgegeben ist, deren Riten zu feiern und Gebote einzuhalten sind, sondern eine Wirklichkeit, die sich im Glaubensleben der Getauften widerspiegelt. Diese theologische Überzeugung veranlasst Guardini zur Aussage:

Ein religiöser Vorgang von unabsehbarer Tragweite hat eingesetzt: Die Kirche erwacht in den Seelen.

Christ:innen sind demnach nicht Rezipient:innen dessen, was Bischöfe und Priester repräsentieren, sondern ein Resonanzraum des Wirkens des Heiligen Geistes.

Frauenseminar

Dieses neue Bewusstsein des Kirche-seins der Getauften führt dazu, dass die Vermittlung des Glaubens nicht Priestern allein vorbehalten bleiben soll. Besonders Frauen sollen sich verstärkt in der Pfarrseelsorge einbringen. So wird Dr. Hildegard Holzer im Jahr 1947 beauftragt, für die österreichischen Diözesen in Wien Seelsorgehelferinnen auszubilden. Kardinal Theodor Innitzer bezeichnet diese Ausbildung in Parallelstellung zum Priesterseminar als „Frauenseminar“. Die ersten Absolventinnen dieser Ausbildung aus der Diözese Gurk sind Annemarie Frühberger, Elisabeth Wedenig und Anna Czernin. Seelsorgerhelferinnen wissen sich von Christus berufen und werden mit den Worten von Joh 15,16 in ihren Dienst gesendet:

Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.

Als Seelsorgehelferin bei den Menschen

In ihren Einsatzpfarren haben Seelsorgehelferinnen Spuren hinterlassen, die oft noch über Jahrzehnte sichtbar geblieben sind. Sie haben sich in der Kinder- und Jugendpastoral, in der Frauen- und Bibelpastoral und der Gestaltung der Liturgie eingebracht. Dabei wurden sie von Priestern jedoch nicht immer als gleichberechtigt anerkannt und ihre Arbeit wurde häufig nicht ausreichend wertgeschätzt. Zudem mussten Seelsorgehelferinnen bis 1972 ein Zölibatsversprechen ablegen. Im Falle einer Partnerschaft und Schwangerschaft waren sie gezwungen, ihren Dienst zu beenden und in den Religionsunterricht zu wechseln. Viele von ihnen blieben aber auch weiterhin in ihrer Pfarre ehrenamtlich tätig und ihrer Berufung treu.

Herangezogen zu kirchlichen Ämtern

Die Wiederentdeckung des gemeinsamen Priestertums der Gläubigen im 2. Vatikanischen Konzil führt zu einer noch stärkeren Beteiligung der Laien am Verkündigungsdienst der Kirche. So heißt es in der Kirchenkonstitution:

Außer dem Apostolat, das schlechthin alle Christgläubigen angeht, können die Laien darüber hinaus in verschiedener Weise zu unmittelbarerer Mitarbeit mit dem Apostolat der Hierarchie berufen werden. (…) Außerdem haben sie die Befähigung dazu, von der Hierarchie zu gewissen kirchlichen Ämtern herangezogen zu werden, die geistlichen Zielen dienen. (LG 33)

Was im Konzil festgeschrieben wurde, erfährt in der deutschsprachigen Kirche eine besondere Aufmerksamkeit und führt zu einer Professionalisierung des Berufes der Seelsorgehelferin. So wird der Beruf in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts für Männer geöffnet. Zudem kommt es zur Anstellung von akademisch ausgebildeten Frauen und Männern. Wie bereits oben erwähnt, ist dafür in Österreich seit 1974 die Berufsbezeichnung „Pastoralassistent:in“ in Gebrauch.

Eine Bezeichnung als Problemanzeige

Die Wortkombination Pastoral-Assistent:in vermittelt sowohl den besonderen theologischen Auftrag dieses Berufes als auch seine kirchliche Einordnung. Im Begriff „Pastoral“ drückt sich aus, dass es sich bei diesem Dienst um das evangeliumsgemäße Handeln der Kirche mit und für die Menschen handelt. Wenn Pastoralassistent:innen Bibelrunden leiten, Ehrenamtliche in ihrem Engagement begleiten, Kindern und Jugendlichen den Glauben erfahrbar machen, Wortgottesdienste feiern und Begräbnisse leiten und Menschen in ihren Nöten beistehen, ereignet sich durch ihr Wirken Kirche. Dieses pastorale Tun geschieht im Kontext der Funktionsbezeichnung „Assistent:in“. Ein Assistent bzw. eine Assistentin arbeitet zu, unterstützt und räumt Hindernisse aus dem Weg. Dabei weisen (akademisch) ausgebildete Pastoralassistent:innen dieselben Qualifikationen auf wie Priester, denen die Pfarrleitung übertragen wird. Dies führt dazu, dass Pastoralassistent:innen häufig den Eindruck haben, in diesem Beruf ihr Potenzial nicht völlig ausschöpfen zu können und abhängig von Vorgaben des Pfarrvorstehers zu sein. Besonders für Frauen, denen der Weg zu kirchlichen Weihämtern nicht offensteht, kann dies zu Enttäuschungen und Verletzungen führen.

Neues Profil, veränderte Bezeichnung?

In den letzten Jahren ist es zu deutlichen Veränderungen im Aufgabenprofil von Pastoralassistent:innen gekommen. Viele von ihnen sind nun in der Seelsorge weitgehend eigenverantwortlich eingesetzt oder werden als Pfarrassistent:innen an der Leitung von Pfarren beteiligt. Dies führt einerseits zu einer höheren Berufszufriedenheit und andererseits zu einem noch größeren Unbehagen, auch weiterhin als „Assistent:in“ bezeichnet zu werden. Auf diesem Hintergrund wird aktuell auf Österreichebene um eine neue Berufsbezeichnung gerungen.

Kundschafter:innen und Zeug:innen

Im Blick auf den weltkirchlichen synodalen Prozess und die synodale Kirchenentwicklung in der Diözese Gurk stellt sich die Frage, welche Rolle künftig Pastoralassistent:innen spielen werden und was sie einbringen können. Dabei möchte ich nochmals auf Romano Guardini verweisen, dessen Theologie für Papst Franziskus prägend ist. In seiner Antrittsenzyklika „Evangelii gaudium“ zitiert der Papst folgenden Gedanken von Romano Guardini:

Der Maßstab, an welchem eine Zeit allein gerecht gemessen werden kann, ist die Frage, wie weit in ihr, nach ihrer Eigenart und Möglichkeit, die Fülle der menschlichen Existenz sich entfaltet und zu echter Sinngebung gelangt.

In einer synodalen Kirche können Pastoralassistent:innen somit aufgrund ihrer Qualifikation und Sendung folgende doppelte Aufgabe übernehmen: als Kundschafter:innen können sie aufspüren, unter welchen Bedingungen sich heute menschliche Existenz entfaltet. Mit ihrer Glaubenserfahrung und ihrem biblisch-theologischen Wissen können sie zudem als Zeug:innen mit Menschen, die ihr Leben auf ganz unterschiedlichen Sinnerfahrungen gründen in einen Dialog eintreten, mit ihnen die Botschaft des Evangeliums erfahrbar machen und sie zu einem Leben in Fülle einladen.