Bischof Marketz bei ökumenischem Gedenkgottesdienst in Villach: Hoffnung ist innerer Antrieb in Bedrängnissen des Lebens
Superintendent Sauer: Liebe ist stärker als jede Finsternis - Bundeskanzler Schallenberg: Wut darf nicht Handlungsmaxime werden
Klagenfurt, 18. 2. 25 (pgk). Mit einem Gedenkmarsch in Stille durch die Villacher Innenstadt und einem ökumenischen Gedenkgottesdienst in der Villacher Stadthauptpfarrkirche St. Jakob haben heute Abend die Stadt Villach, Glaubensgemeinschaften, die heimische Politik und Trauernde der Opfer des Messerattentats vom vergangenen Samstagnachmittag gedacht. Der ökumenische Gottesdienst wurde von Diözesanbischof Dr. Josef Marketz gemeinsam mit Superintendent Mag. Manfred Sauer und dem Villacher Stadthauptpfarrer Kons. Rat Dr. Richard Pirker geleitet. An den Gedenkfeierlichen nahmen mit Bundeskanzler Mag. Alexander Schallenberg und Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser auch die Spitzen der Bundes- und Landespolitik teil.
Bischof Marketz betonte in seiner Predigt, dass in dieser aktuell belastenden Situation Hass nicht die Herzen und die Hoffnung der Menschen vergiften dürfe. „Ohne Hoffnung kann kein Mensch überleben, auch keine Gesellschaft", so der Kärntner Bischof. Die Hoffnung gebe „angesichts der vielfältigen Zumutungen und Bedrängnisse unseres Lebens inneren Antrieb und langen Atem“, so Bischof Marketz. Hoffnungslosigkeit hingegen führe zu Resignation, zunehmender Gereiztheit und Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft. Der Kärntner Bischof richtete seine Worte vor allem an Jugendliche, die ihm durch ihre Offenheit und Neugierde Hoffnung schenkten. Auch Mut, gute Gespräche und „Menschen, die für eine Sache einstehen und couragiert handeln“ seien Quellen für tragende Hoffnung, so Bischof Marketz, der zu Beginn des Gottesdienstes eine Beileidsbekundung des Apostolischen Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana verlas. „Ich spreche der Familie des Verstorbenen mein aufrichtiges Beileid aus und bete für seine ewige Ruhe und die rasche Genesung der Verletzten“, so der Repräsentant des Papstes.
Superintendent Sauer thematisierte in seiner Predigt „die Finsternis, die vergangenen Samstag über die Stadt und die Gemüter der Menschen hereingebrochen ist“ und auf der anderen Seite „das Licht, das sich schon in einer Kerze als Zeichen der Hoffnung und Zuversicht ausdrückt“. Bezugnehmend auf das Johannesevangelium führte er aus, wie nah „Licht und Finsternis, Verblendung und Hellsichtigkeit“ beieinander liegen können. Das junge Licht und Leben des Opfers sei „mit einem Messerstich ausgelöscht worden, wie man eine Kerze auslöscht". Ein junger Syrer habe sich durch Hassprediger im Netz verblenden und verhetzen lassen. Und ein anderer Mann aus Syrien habe mit Hellsichtigkeit und Zivilcourage den Attentäter gestoppt. Sauer erinnerte daran, „dass die Liebe stärker ist als jede Finsternis und der Tod nicht den Sieg behält“. „Es lichten sich die dunklen Schleier unseres Schmerzes, wenn eine ganze Stadt mittrauert, wenn andere Menschen beistehen, da sind, Hände halten, in den Arm nehmen, trösten, vielleicht nur schweigend eine Kerze entzünden“, sagte Superintendent Sauer und appellierte dazu, „für andere in dunklen Zeiten zum Lichtblick zu werden“.
In seinen einführenden Worten begrüßte Stadthauptpfarrer Pirker die Kirchengemeinde, „besonders jene, die durch das tragische Ereignis verletzt und verwundet wurden“. Der heutige Gottesdienst sei ein „schlichtes und stilles Gedenken", bei dem allein der Klang der Worte und die Klänge eines einzelnen Cellos mit Musikstücken Johann Sebastian Bachs zu hören seien. „Heute bitten wir darum, dass verwundete Herzen sich nicht verkrampfen, zurückziehen und verschlossen bleiben", so der Villacher Stadthauptpfarrer.
Am Ende des Gottesdienstes rief Bundeskanzler Schallenberg in seiner Ansprache dazu auf, „gemeinsam dem Netzwerk des Terrors ein starkes Netzwerk der Wehrhaftigkeit und der Sicherheit entgegenzusetzen“ und bekundete sein Beileid gegenüber der Familie des 14-jährigen Opfers, das bei dem Terroranschlag „so brutal, so sinnlos“ ermordet worden sei. Dass der islamistische Extremismus erneut „seine hässliche Fratze gezeigt“ habe, mache traurig und wütend, dennoch dürfe Wut nicht zur „Maxime unseres Handelns werden“, betonte der Bundeskanzler. Dem Terrorismus dürfe es nicht gelingen, Österreichs Grundwerte, Lebensmodell und Freiheit anzugreifen, die Gesellschaft zu spalten und mit Furcht und Schrecken zu erfüllen. „Es wird ihm auch nicht gelingen. Denn unsere Gesellschaft, unsere Gemeinschaft ist stärker“, so Schallenberg. Weiters rief der Bundeskanzler zu einem gemeinsamen couragierten Eintreten „für unsere Werte, für den Pluralismus und für die Freiheit" auf. In diesem Zusammenhang dankte der er den Helfern nach dem Anschlag vor Ort „und ganz besonders dem syrischen Passanten, der Zivilcourage und Mut gezeigt und nicht gezögert hat, die barbarische Tat zu stoppen“. Er habe damit vermutlich weitere Opfer verhindert.
Der Villacher Bürgermeister Albel sprach den Trauernden sein Mitgefühl aus. Worte könnten nicht fassen, welchen Schmerz die Hinterbliebenen derzeit erleben müssen. Der „feige Anschlag“ hätte Villach in eine „dunkle Wolke voll Trauer gehüllt“ und den Villachern ihre Sicherheit, ihre Leichtigkeit und ihr „Leilei-Gefühl“ genommen, so Albel. Die Messerattacke sei nicht ein Anschlag auf einige gewesen, „sondern auf uns alle, unsere Demokratie, unsere Freiheit, auf all das, was Villach ausmacht“. Die Antwort auf ein solches schreckliches Attentat dürfe nicht Angst oder Hass sein, sondern Liebe und Zusammenhalt.
Der Gottesdienst wurde live in Radio Kärnten, auf ORF 3, via Livestream auf orf.on sowie auf einer Videoleinwand vor der Kirche übertragen. Dem Gottesdienst ging ein Gedenkmarsch um 18 Uhr voraus, der mit den Glocken aller christlichen Pfarren in Villach eingeläutet wurde und von der Draubrücke über den Hauptplatz bis zur Stadthauptpfarrkirche führte.