Athanas und/oder Nonnosus?
Oberkärntner Maturant Pichler auf Spurensuche nach dem tatsächlichen Kirchenpatron der Filialkirche St. Athanas
Klagenfurt, 24. 11. 17 (pgk). Autofahrern, die auf der B100 von Spittal Richtung Lienz unterwegs sind, sticht unmittelbar vor der Ortschaft Berg im Drautal in einer Rechtskurve gleich links neben der Straße eine Kirche ins Auge. Dass diese Kirche mit dem markanten Turm aus Holz heute dem heiligen Athanasius geweiht ist, ist zumindest den Einheimischen und Kunstinteressierten bekannt. Weithin unbekannt ist jedoch, dass diese Kirche „mitten im Feld“ bis zum 18. Jahrhundert dem heiligen Nonnosus geweiht war und demnach eigentlich zwei Kirchenpatrone aufweist. Der Maturant des BG Porcia Spittal/Drau Alexander Pichler geht in seiner vorwissenschaftlichen Arbeit im Rahmen der neuen Reife- und Diplomprüfungen im Katholischen Religionsunterricht, die kürzlich den ersten Platz beim diesjährigen „Dr. Olaf Colerus-Geldern Preis“ der Diözese Gurk belegte, der Frage nach, wieso heute allgemein nur mehr der hl. Athanasius als Patron und Namensgeber der Filialkirche in Berg im Drautal angesehen wird, wo diese doch ursprünglich dem Lokalheiligen Nonnosus geweiht war. Der hl. Nonnosus von Molzbichl – er gilt als erster namentlich bekannter Heiliger Kärntens – war als Diakon tätig und wurde im Jahr 533 in Molzbichl beigesetzt. Nach einem frühen Nonnosuskult erlosch in Kärnten die Verehrung mittlerweile jedoch fast gänzlich.
In seiner prämierten Arbeit kam Pichler unter Berücksichtigung der historischen Hintergründe sowie der Lebensgeschichten der beiden Heiligen zum Schluss, dass die Filialkirche im Grunde „ein gespaltenes Patrozinium“ und demnach zwei Schutzherrn habe. „Auch wenn heute Athanasius verantwortlich für den Namen der Kirche ist, so ist Nonnosus eigentlich immer noch der wahre Patron. Eine Umweihung hat nie stattgefunden“, so Pichler in seiner Arbeit. Aus den Reisetagebüchern des Juristen und Sekretärs des Bischofs von Caorle, Paolo Santonino, ist zu entnehmen, dass Bischof Pietro Carlo von Caorle, dem Patriarchen von Aquileia unterstellt, die Kirche 1443 dem Heiligen Nonnosus weihte. In einem Visitationsprotokoll von 1615 taucht erstmals die Bezeichnung „Athanasius“ als Patrozinium auf. Während bis 1677 Athanasius oder Nonnosus als Schutzpatrone genannt werden, ist ab 1782 nur mehr von „St. Athanasius“ die Rede. Ein Fragebogen, mit dem der Maturant im Rahmen seiner Arbeit das Stimmungsbild der örtlichen Bevölkerung erhob, liefert interessante Ergebnisse: Demnach ist der ursprüngliche Schutzheilige Nonnosus vor allem den jüngeren Generationen heute mehrheitlich nicht mehr bekannt. Rund 80 Prozent der Befragten würden außerdem nicht wissen, dass die Filialkirche eigentlich zwei Patrozinien besitzt. Immerhin wünschen sich laut Umfrage fast 67 Prozent der Befragten, dass auch der hl. Nonnosus als zweiter Kirchenpatron neben dem hl. Athanasius wieder namentlich verehrt und in den Festkreis aufgenommen wird. Pichler, der in unmittelbarer Nähe der Kirche St. Athanas wohnt, war es wichtig, „die etwas verworrene Geschichte der Kirche zu strukturieren und dem Rätsel der zweifachen Patronanz auf den Grund zu gehen“. Impuls für das Thema der Arbeit sei, so Pichler, ein Theaterstück der Theatergruppe Berg im Drautal über die Legende des hl. Athanasius gewesen, in dem Pichler selbst mitgespielt hat. Bei seinen Forschungen habe er auch die Erkenntnis gewonnen, „dass es im Letzten die Menschen selbst sind, die einen Ort ausmachen und dessen Geschichte prägen, indem sie über Jahrhunderte Traditionen beginnen, ändern, nicht mehr pflegen oder neu aufleben lassen“.
Diözesanarchivar und Kirchenhistoriker Univ.-Doz. Dr. Peter Tropper zeigt sich beeindruckt von der „ambitionierten Arbeit“ des Maturanten, „die sich mit der sehr komplexen und nicht einfachen Geschichte der Kirche von St. Athanas beschäftigt“. In der Kirchengeschichte lasse sich, vor allem im Bereich der Patrozinien, „nicht immer alles bis ins letzte Detail klären“.
Der „Dr. Olaf Colerus-Geldern Preis“ der Diözese Gurk für vorwissenschaftliche Arbeiten an Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) und Diplomarbeiten an Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) wird jährlich vergeben und versteht sich als Beitrag zur Förderung von theologischem Denken und Arbeiten auf Niveau von MaturantInnen. Die eingereichten Arbeiten haben einen theologischen Schwerpunkt aus Disziplinen wie z. B. Kirchengeschichte, Bibelwissenschaften, Philosophie, Dogmatik, theologische Ethik etc. Der Jury gehören Univ.-Prof. MMag. Dr. Stefan Kopp, Kärntner Priester und Ordinarius für Liturgiewissenschaft an der Theologischen Fakultät Paderborn, HR Prof. Dr. Birgit Leitner, Leiterin des Bischöflichen Schulamtes, Bischofsvikar Dechant Kan. Dr. Peter Allmaier, MBA, HR Mag. Anton Boschitz, Fachinspektor für den Katholischen Religionsunterricht an allgemeinbildenden und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, Mag. Martin Kumer von der ARGE der ReligionslehrerInnen an AHS und BHS sowie Pressesprecher Mag. Matthias Kapeller, Leiter der diözesanen Pressestelle, an.