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Domkapitel

Pressestatement des Gurker Domkapitels zur aktuellen Situation der Katholischen Kirche in Kärnten

am Dienstag, dem 18. Dezember 2018, um 10 Uhr im Bischofshaus in Klagenfurt

Das Gurker Domkapitel gab heute im Klagenfurter Bischofshaus ein gemeinsames Statement zur aktuellen Situation der Katholischen Kirche Kärnten ab. (Foto: Pressestelle/Höher)
Das Gurker Domkapitel gab heute im Klagenfurter Bischofshaus ein gemeinsames Statement zur aktuellen Situation der Katholischen Kirche Kärnten ab. (Foto: Pressestelle/Höher)

Sehr verehrte Damen und Herren!

Ich sage Ihnen ein herzliches „Grüß Gott!“ und danke Ihnen für Ihr Kommen. Zwei Klarstellungen vorweg: Erstens: Ich spreche heute nicht als interimistischer Leiter der Diözese Gurk, sondern als Dompropst, also als gewählter Vorsteher des Gurker Domkapitels, zu Ihnen.
Dieses Statement ist eine gemeinsame Erklärung aller acht Domkapitulare und wurde von uns einstimmig verabschiedet. Zweitens: Es handelt sich wie angekündigt um ein Pressestatement und nicht um eine Pressekonferenz. Allfällige Rückfragen bitte ich Sie, über die Pressestelle an uns zu richten. Anlass für dieses Statement des Gurker Domkapitels ist die aktuelle Situation der Katholischen Kirche in Kärnten. Diese Situation ist für viele Menschen im Lande Anlass für Sorge, Unsicherheit, Irritation, Ratlosigkeit, Wut, Empörung und Sprachlosigkeit.
Das Gurker Domkapitel, welches derzeit gemeinsam mit mir als Administrator die Leitung der Diözese innehat, sieht sich daher veranlasst, mit diesem Statement zur aktuellen Situation an die Öffentlichkeit zu gehen. Zur Erinnerung sollen noch einmal kurz die Ereignisse genannt werden, die zur gegenwärtigen Situation geführt haben:

Anlässlich der Berufung von Bischof Dr. Alois Schwarz zum Diözesanbischof von St. Pölten wurden wieder massive öffentliche Vorwürfe betreffend seiner Amts- und Lebensführung erhoben. Genannt wurden sein Führungs- und Kommunikationsstil, sein persönliches Umfeld, das Anlass für Gerede und Gerüchte bot, sowie zuletzt das Engagement eines Ex-Geheimdienstchefs. Im Blickfeld der medialen Diskussion stand in ganz besonderer Weise das Bischöfliche Mensalgut, also das Bistum, konkret dessen wirtschaftliche und personelle Probleme sowie das negative Arbeitsklima.

Da der scheidende Bischof zu den genannten Vorwürfen nicht Stellung bezogen hat, war die neue Diözesanleitung sofort nach ihrer Bestellung am 2. Juli 2018 mit diesbezüglichen Anfragen konfrontiert. Dem Gurker Domkapitel und mir als von ihm gewählten Diözesanadministrator war von Anfang an klar, dass all die genannten Probleme und Fragestellungen während der 17-jährigen Amtszeit von Bischof Schwarz eine Dimension erlangt hatten, die es unmöglich macht, diese Angelegenheit als eine lediglich innerkirchliche zu betrachten und die Öffentlichkeit gleichermaßen „außen vor“ zu lassen. Zu schwerwiegend und zu weithin bekannt waren die erhobenen Vorwürfe.

Um den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe, bezogen auf das Bischöfliche Mensalgut, zu prüfen und zu objektivieren, setzte das Domkapitel gemeinsam mit mir gleich zu Beginn eine Arbeitsgruppe ein, die die Angelegenheit prüfen und hernach Bericht erstatten sollte. Wo es diese „Arbeitsgruppe Bistum“ für notwendig erachtete, wurden auch Expertisen von externen unabhängigen Fachleuten eingeholt. Als der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Bistum heute vor einer Woche der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte, kam von der römischen Bischofskongregation die Weisung, die Pressekonferenz abzusagen.

Seitdem gehen nicht nur unter den Kärntner Katholiken, sondern im ganzen Land die Wogen hoch. Täglich erreichen uns unzählige Anrufe, SMS, Mails und Briefe. Die Meinungsäußerungen in den sozialen Foren und auf den Leserbriefseiten zeigen, wie sehr dieses Thema die Menschen bewegt. Diözesane Verantwortungsträger wie der Vorstand der Dechantenkonferenz, Vertreter der Priester und auch die Katholische Aktion haben sich an Kardinal Schönborn und römische Stellen gewandt und Transparenz eingefordert.
In den verschiedensten Wortmeldungen kommt ein Zweifaches zum Ausdruck: Auf der einen Seite solidarisieren sich die Menschen mit der Diözesanleitung in ihrem Bemühen um Aufklärung, auf der anderen Seite drohen viele aber auch damit, die kirchliche Gemeinschaft zu verlassen, wenn die Ergebnisse des Abschlussberichtes nicht zeitnah veröffentlicht werden. Die Kirche, so lautet der Vorwurf, verweigere sich der Transparenz und beschädige damit nachhaltig ihre Glaubwürdigkeit. Nicht wenige sehen darin auch einen Rückfall in überwunden geglaubte Verhaltensmuster aus der Zeit der Affäre rund um Kardinal Groer!
Es darf nicht verwundern, dass es in der Bevölkerung eine so einheitliche Urteilsbildung und eine so massive Forderung nach Aufklärung und Transparenz gibt. Die 17-jährige Ära von Bischof Schwarz ist nämlich gekennzeichnet von einer doppelten Wahrnehmung: Einerseits sind die Verdienste von Bischof Schwarz in der Seelsorge, sein Zugehen auf Menschen und seine Begeisterungsfähigkeit durch die Predigt unbestritten. Dies wurde von mir auch in meinen Reden anlässlich der Verabschiedung von Bischof Schwarz aus der Diözese Gurk ausführlich dargestellt und gewürdigt. Gleichzeitig gab es während der 17-jährigen Amtszeit von Bischof Schwarz aber auch innerkirchliche und außerkirchliche Kritik an dessen Amts- und Lebensführung, nämlich fragwürdige Personalentscheidungen, undurchsichtige Vorgänge sowie sein Kommunikations- und Führungsstil.
Grund für die anlässlich des Endes der Amtszeit von Bischof Schwarz in Kärnten auch öffentlich massiv vorgebrachten Vorwürfe sind nicht singuläre, voneinander unabhängige Vorgänge, wie zum Beispiel die Situation im Bischöflichen Mensalgut. Vielmehr scheint es berechtigt, umfassend von einem „System Bischof Schwarz“ zu sprechen, wie es ein Leserbriefschreiber treffend benannt hat. Ein wesentlicher Schlüssel zu diesem „System Bischof Schwarz“ ist dessen persönliches Umfeld. Konkret sorgt die Beziehung des Bischofs zur früheren Leiterin des Bildungshauses St. Georgen bis heute für Gerede, Gerüchte und Spekulationen.
Bischof Schwarz war durch dieses Abhängigkeitsverhältnis vom Gutdünken und von den Launen dieser seiner Vertrauten geleitet und bestimmt. So wurde dem Ansehen des Bischofsamtes und dem Ruf der Kirche in Kärnten über Jahre Schaden zugefügt. Diese dargestellte Situation hat vor allem Priester und haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die um diese Vorgänge wussten oder davon über Dritte Kenntnis erlangten, sehr belastet.
Betreffend des materiellen Schadens darf ich Sie heute darüber informieren, dass an Bischof Schwarz Regressforderungen gestellt werden.
Es ist mir wichtig, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass nicht nur die Mitglieder des hier versammelten Domkapitels, sondern auch andere Priester und Laien Bischof Schwarz mit diesen vorhin dargestellten Zuständen wiederholt konfrontiert haben, und zwar unter vier Augen und/oder in Gremien. Die zuständigen kirchlichen Stellen, nämlich die Nuntiatur in Wien und damit die römischen Stellen, auch Kardinal Schönborn sowie die jeweiligen Salzburger Metropoliten sind seit Jahren in Kenntnis über die Auswirkungen des „Systems Bischof Schwarz“. Die genannten Stellen waren nicht nur Adressaten zahlreicher anonymer Briefe, sondern auch namentlich gekennzeichneter Schreiben und persönlicher Vorsprachen besorgter Katholikinnen und Katholiken.
Die österreichische Bischofskonferenz hat spätestens seit 2008 Kenntnis von den Zuständen in Kärntens Kirche. Damals hat nämlich der damalige Salzburger Erzbischof Kothgasser im Rahmen eines von der Bischofskonferenz veranlassten Besuchs in Kärnten Gespräche geführt. Erzbischof Kothgasser schrieb dann selbst von einer Situation, die einer verantwortungsvollen und entschiedenen Klärung bedarf, „um der Glaubwürdigkeit und Eindeutigkeit des Hirtendienstes willen“. Dennoch hat sich seit 2008 an den beschriebenen Umständen nichts geändert, im Gegenteil. Aufgrund seiner Lebensführung war der Bischof in seiner Amtsführung immer mehr beeinträchtigt, weil er für Priester im Zusammenhang mit der Zölibatsverpflichtung erpressbar war. Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich das Engagement eines Ex-Geheimdienst-Chefs durch Bischof Schwarz mit dem Ziel, den Verfassern der anonymen Schreiben im Kreis der Mitarbeiter nachzuspüren.

Angesichts der vielen Fragen und der Not der Gläubigen und der für sie sorgenden Priester fühlen wir uns als Mitglieder des Domkapitels unserem Gewissen verpflichtet. Wir wollen mit diesem Statement und mit dem Abschlussbericht, den Sie im Anschluss an dieses Statement erhalten und den wir auch auf unserer Diözesanwebsite www.kath-kirche-kaernten.at veröffentlichen werden, unseren Teil dazu beitragen, dass zumindest für die Fragen, die das Bischöfliche Mensalgut betreffen, ein Mindestmaß von der zu Recht geforderten Transparenz geleistet wird.
Wir sehen uns aber auch noch aus einem weiteren Grund zu diesem Statement und zur Veröffentlichung des Berichts veranlasst: Während der Leitung der Diözese Gurk untersagt wurde, den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Bistum zu veröffentlichen, zitiert der St. Pöltener Bischof ausführlich aus dem Rohbericht und behauptet entgegen der Faktenlage, dass ihn der Bericht von Misswirtschaft im Bischöflichen Mensalgut frei spreche und sein Agieren dem Kirchenrecht entsprochen habe. Es ist den Menschen in Kärnten nicht vermittelbar und auch schwer zumutbar, wenn diese einseitige und unrichtige Darstellung unwidersprochen bliebe.
Mit diesem Statement will das Gurker Domkapitel für eine komplementäre Darstellung sorgen, damit sich die Menschen dann selbst ein Bild machen können.

Am Ende des Statements des Gurker Domkapitels danke ich den Katholikinnen und Katholiken in unserem Land, die trotz der schwierigen Situation treu zur Kirche stehen und uns in dem Weg der Offenheit, der Klarheit und der Rechenschaft bestärken. Ein ganz besonderer Dank gilt den Priestern, die an der Front der Seelsorge in großer Verlässlichkeit und Treue und mit großem Einsatz ihren Dienst für die Diözese leisten.
Mein weiterer Dank gilt den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Diözese und Bistum, die eine hervorragende Arbeit leisten und auch in dieser nicht einfachen Situation loyal zu ihrem Arbeitgeber stehen.
In diesem Zusammenhang denke ich auch an jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die willkürlich gekündigt wurden und auch an jene, die von sich aus gekündigt haben, weil für sie die Arbeitssituation in Diözese und Bistum so unerträglich wurde, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sahen.
Das Gurker Domkapitel entschuldigt sich ausdrücklich bei all jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Last but not least danke ich den Vertreterinnen und Vertretern der Medien, die mit ihrer Berichterstattung immer wieder Problemzonen aufgezeigt, den journalistischen Finger auf wunde Punkte gelegt und so Glaubwürdigkeit und Transparenz angemahnt haben.

Die Katholische Kirche in Österreich hat 2010 in Befolgung des biblischen Leitgedankens „Die Wahrheit wird euch frei machen“ einen gangbaren Ausweg aus einer schweren Krise gefunden. Möge es den kirchlichen Verantwortungsträgern auch diesmal wieder gelingen, sich auf der Grundlage dieses Leitgedankens zu verständigen, das Geschehen aufzuarbeiten und so einen guten Weg in die Zukunft zu beschreiten.

Den "Prüfbericht" (= Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Bistum) finden Sie hier im Anhang als PDF-Datei