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Referat für pfarrpastorale MitarbeiterInnen

Suche nach christlicher Spiritualität

Theologie aktuell - Rezensionen aktueller theologischer Fachartikel und Anstöße für das theologische Gespräch

Gebet  (© Foto: www.morguefile.com)
Gebet (© Foto: www.morguefile.com)

Im Artikel Kritische Reflexion religiöser Praxis als Aufgabe der Theologie der Spiritualität (nachzulesen  in: Geist und Leben 4/11, S. 349-358) fordert der Autor Michael Plattig, dass die religiöse Erfahrung wieder stärker an die Reflexion zurückgebunden wird. Für ihn zeichnet sich die christliche Spiritualität dadurch aus, dass „Gott und damit auch der Mensch Geheimnis bleiben (…) und nicht reduziert werden auf eine sich selbst absolut setzende Erfahrung“ (S. 358).

Dr. Ludwig Trojan, Hochschulprofessor, Lehrgangskoordinator an der KPHE-Kärnten und Ständiger Diakon in der Pfarre Klagenfurt-St. Josef hat den Artikel gelesen und rezensiert (s. Download). Dr. Michael Kapeller führte mit ihm das folgende Gespräch.

 

Wie hat sich Ihnen die Welt des Glaubens und des Gebets erschlossen?

TROJAN: Über die Begegnung mit gläubigen Menschen: zuerst natürlich in der Familie durch das Beispiel der Eltern, die Hinführung zu Gebeten am Abend und am Morgen. Meine Mutter hat mir die Bedeutung  des Rosenkranzgebetes erschlossen. Als Ministrant haben mich auch liturgische Erfahrungen wesentlich geprägt. Im Jugendalter war es die Erfahrung von kirchlichen Gemeinschaften wie die Legio Mariae (in einer sehr lebendigen Form),  die von Dr. Madinger in Wien gegründete Katholische Glaubensinformation mit authentischen Priesterpersönlichkeiten und auch der Cursillo. In späteren Jahren konnte ich durch den Kontakt mit kontemplativen Ordensgemeinschaften, wie den „Betelehemschwestern“ in Montvoiron bei Genf und auf der Salzburger Kinderalm die Bedeutung der Stille für das Gebet neu entdecken.

 

Viele Menschen interessieren sich heute für religiöse Erfahrung und Spiritualität. Wo sollen sie im Christentum zu suchen beginnen?

TROJAN: Jede würdig gefeierte Liturgie, vor allem an kirchlichen Hochfesten ist für mich ein guter Erfahrungsort. Zunehmend gewinnen die vor allem im Raum von Klöstern praktizierten Choralgesänge (siehe Zisterzienser in Heiligenkreuz) für die religiöse Erfahrung an Bedeutung. Ein Angebot einer Bibelrunde gibt es in fast jeder Pfarrgemeinde. Im Hinblick auf spirituelle Literatur sind geistliche Meister wie Wilhelm Bruners, Willi Lambert, immer auch noch Anselm Grün zu empfehlen. Theologisch Interessierte werden gewiss in den Texten von Karl Rahner den Reichtum christlicher Spiritualität entdecken.

 

Woran merken Menschen, dass sie sich bei ihrer Gottsuche im Raum christlicher Spiritualität befinden?

TROJAN: Zuerst einmal merken Menschen das ganz einfach daran, wenn sie eine Veranstaltung an einem kirchlichen Ort besuchen. Im Gespräch über das Leben und den Glauben wird die Bibel (übersetzt in der ökumenischen Einheitsübersetzung) eine zentrale Rolle spielen. Weiters zeichnet sich eine christliche Spiritualität durch eine unmittelbare Orientierung am Leben und der Botschaft Jesu aus - im Kontext der katholischen Kirche sind zudem das Vorbild Marias und das Zeugnis der Heiligen und der Kirchenlehrer von großer Bedeutung. Wenn ich es auf den Punkt bringe, dann meine ich: Der Raum christlicher Spiritualität tut sich dort auf, wo Menschen auf das Wirken des dreieinen Gottes vertrauen.